Ein Projekt von Wolfgang Thomas & Micky Pega

Wolfgang Suttner

Zerschmetterte Gitarren und der Tanz für die Jugend



"Schon früh zerstörte die Siegerlandhalle meine aufkeimenden Illusionen von der glamourösen Welt des Pop und Show-Business. Als 1967 "The Who", Musikhelden wie die Beatles und für mich damals die größte Band auf Erden, zum Konzert nach Siegen kamen (welch ein Ereignis!), beobachtete ich als 16-Jähriger das Entladen des technischen Equipments: Roadies schmissen Gitarren und Gitarrenkoffer vom Lastwagen auf den Asphalt des Hallenparkplatzes.

Welcher Musiker würde das mit seiner Braut, der Gitarre, tun. Seit meiner Bekanntschaft mit Paul McCartney weiß ich, dass er seinen geliebten Rickenbacker-Bass nur vom persönlichen Referenten John Hammel begleitet zur Reparatur nach New York schickt. Mit Sicherheit hat dabei die Beatles-Gitarre in der Concorde auch noch einen eigenen Sitzplatz.

Wumms! - Auf den harten Asphalt


Und hier: Wumms! Auf den harten Asphalt. Später hörte ich dann, als Handwerkersohn konnte ich aus finanziellen Gründen dieses Konzert nicht besuchen, dass "The Who" auch in Siegen, wie bei jedem ihrer Konzerte, mindestens zwei Gitarren zerschlagen hatten. Äußerst theatralisch versteht sich. So brachte mir die Siegerlandhalle, wenn auch in der Sicht des Zaungastes, eine interessante Erfahrung und die erste Begegnung mit der ganz besonderen Welt des Pop-Business. Eine tiefe Erfahrung, die vielleicht sogar meine berufliche Laufbahn prägte.

Selbstverständlich habe ich später in der Halle auch einige schöne Konzerte erlebt, wenngleich wir später doch die Westfalenhalle vorzogen. Eine ganz besondere Überraschung war ein Udo Lindenberg-Konzert, in dem der Meister den "Sonderzug nach Pankow" fahren ließ und dann eine junge Rockröhre auftrat, die den Meister mit dem Hut schnell vergessen ließ: Gianna Nannini.

Besonders beliebt waren, so zwischen 1965 und 1968, die Tanznachmittage im Großen Saal der funkelneuen Siegerlandhalle: Tanz für die Jugend, veranstaltet vom Stadtjugendpfleger Renisch: Eine höchst verdienstvolle Veranstaltung, nicht nur vor dem Hintergrund der Pop-Kultur, sondern auch unter hormonellen Gesichtspunkten.

Leider sah man meine Pickel


Leider war es im Saal immer so hell, so dass man meine Pickel sah. Trotzdem gelang es, genügend Mädels kennenzulernen und zum wilden Abrocken auf die Tanzfläche zu locken. Ich hatte damals eine camelhaarbraune Strickjacke mit orangefarbenen Bündchen. Der neueste Schrei waren Romika-Cordschuhe mit giftgrünen Nylon-Söckchen. Meistens spielten lokale Bands wie The Shotguns oder The Oranien-Street-Sounders, die coole Band aus dem Löhrtor-Gymnasium. Alkohol gabs nie, zumindest nicht in der Siegerlandhalle. Schüchtern wurden Kontakte geknüpft, an eine dauerhafte Beziehung aus dieser Zeit kann ich mich nicht erinnern. Vielleicht lag es daran, dass wir auf diesen prähistorischen Hip-Hop-Feten immer nur dem Tanzen frönten.

Lediglich das, was nach dem sonntäglichen Tanz geschah, will sich meiner Erinnerung nicht mehr so ganz offenbaren. Meistens war es die Linie 32, mit der wir nach Hause fuhren. Schön wars trotzdem."