Jürgen Hofius
Mit drei Titeln in den nationalen Charts
In den sechziger Jahren war er - "nebenamtlich" - Manager der Oldtimers, dann wurde er Discjockey im Studio "D", wiederum danach Plattenmanager bei "Bellaphon" und Rundfunkjournalist: Jürgen Hofius, heute Chef von Sigena Musica Masters, erinnert sich in der heutigen WR-Ausgabe an seine ganz "persönlichen" Sixties.
Er verwaltet die Rechte an vielen deutschen Schlagern aus über fünf Jahrzehnten, mittlerweile ist er die Nummer 1 der Branche und hat naturgemäß Kontakt zu vielen Musikern, die in seiner Jugendzeit die deutschen Hitparaden dominierten. In den aktuellen nationalen Charts sind im Mai drei seiner Künstler vertreten: Christina Falk, Marc Hendric und DJ Helmut feat. Die Partygeier.
Hofius ist weiter auf der Suche nach jungen Talenten auf dem Schlagersektor - ganz aktuell sucht er für ein Projekt eine Sängerin, zwischen 13 und 16 Jahren alt. Wer eine junge Siegerländerin kennt, die dafür in Frage kommen könnte, sollte sich mit der Siegener WR-Redaktion in Verbindung setzen - wir stellen den Kontakt zu Sigena Music Masters her.
Im ,Storyville´ saß Dicky auf dem Ofen
"Schreib mal was über die Musik der sechziger Jahre im Siegerland." Ich sag´: "Thommy, da war ich gerade mal 12." "Und, hast du da keine Musik gehört?" Doch, natürlich.
Mit den Eltern, vor dem Radio im Wohnzimmer, denn damals gab´s noch kein Gerät in der Küche, war zu teuer. Fernseher hatten wir natürlich auch noch keinen (s.o.). Das Familienerlebnis war, gemeinsam Radio Luxemburg zu hören, auf Mittelwelle, mit allen Nebengeräuschen, die der Globus hergab. Samstags mittags "Die großen Acht" mit Frank Elstner.
Zwei Jahre später kannte ich alle großen Hits aus der Musikbox im Geschäft meiner Eltern. Ich hörte täglich bis zu 20 mal Drafi Deutschers "Marmor, Stein und Eisen" oder Siw Malmkwist mit "Liebeskummer lohnt sich nicht". Damale lernte ich auch meinen ersten "großen Star" persönlich kennen. Er war Auslieferungsfahrer bei Coca Cola, hieß Fritz Wintersbach und kam im wöchentlichen Turnus. Sein Künstlername war Mario Fels und einer seiner Titel hieß "Ich will auf Gold und Geld verzichten". Ich war stolz ihn zu kennen und erzählte das überall. Ein weiteres schönes Lied von ihm hieß "Ein Zipfelchen vom Himmelreich". Davon trennte er sich dann einige Jahre später.
Mario war auch Produzent der Netpher Nachwuchssängerin Michaela. Ihr Erstlingswerk hieß "La la la, mein Daddy". Michaela heißt inzwischen Madgyd Kelly, lebt in Hamburg und verdient ihr Geld als Sängerin in Musicals. Eine sehr gute Choreographin ist sie inzwischen und unterrichtet sogar am Hamburger Schauspielhaus, vorzugsweise Elevinnen.
Ich lebte damals in Hilchenbach, sicherlich nicht der "Nabel der Musikwelt". Also musste ich heimlich nach Weidenau oder Siegen, wenn ich was erleben wollte, natürlich per Bahn. In Weidenau gab's die "Romantica", Einlass ab 16 Jahren. Also irgendwie reingeschmuggelt. Dort spielten die "Vanguards", sie hatten einen großen Hit mit ihrer Version von "Gloria". In Weidenau kannte ich mich aus. Auf dem Weg zum FJM-Gymnasium kam ich täglich an der "Romantica" vorbei, wusste also immer, wer dort musizierte.
In Siegen am Effertsufer war gerade der "Partyclub" neu eröffnet worden. Und die Sensation: Es spielten "Casey Jones & The Governors". Casey war gerade in die Hitparaden gestürmt mit "Don´t ha ha!". 20 Jahre später traf ich ihn einmal wieder. Inzwischen völlig verarmt als Leitplankenmonteur. Seine Gage von damals hat er wohl bis heute nicht erhalten. Die Lords und die Rattles teilten offensichtlich Caseys Schicksal. Der damalige Inhaber verschwand nach Spanien.
Endlich hatte ich Führerschein und Auto (Kadett A mit Radio). Samstags ging es nun auf die Piste. Eines meiner Stammlokale war das Storyville in Eichen. Bei Peter und Ulrike gab es zwar nur "Stuppis", dafür aber immer Live-Musik. Unsere Lieblingsband damals, die "Beppos". Es war so eng, dass Dicky, der Gitarrist, immer auf dem Ofen sitzen musste. Und Helmut Würden aus Wenden war natürlich unser "Ringo".
Beatles-Spezialist und ,Jack the Ripper´
Tanz zur Musikbox, heute fast undenkbar, gab´s in vielen Lokalen. Schon fast legendär waren die "Hundehütte" auf der Hagener Straße, "Wendels Stuben" in der Emilienstraße, Sauers Keller in der Marburger Straße. Siegen war damals das Samstag-Abend-Ziel der Siegerländer. Ende der 60er Jahre wurden die Auftrittsmöglichkeiten der Live-Bands weniger. Dennoch habe ich auch dazu noch öfter getanzt, erst "Shake", dann "Letkiss", "Beat" und "La Bostella". Ich war sehr oft im "Dahlbrucher Hof". Da spielten samstags die angesagten Bands. Viele Namen habe ich längst vergessen. Ich erinnere mich aber gerne an "Buddy & The Ravens". Harold Krämer, inzwischen Beatles-Spezialist, spielte "Jack the Ripper". Und der Sänger der "Sullivans" piepst heute noch. Die "Glad Rags", "Djorgos", "Oldtimers", "Inkbottles", "Dukes", "Mushrooms", "Oranien Street Sounders" spielten natürlich auch in der Exotica in Eichen, im Moulin Rouge in Siegen, in Göbels Casino und im Siegboot in Eiserfeld und natürlich zum "Kinderhops", dem Tanz für die Jugend in der Siegerlandhalle und der Otto-Flick-Halle in Kreuztal.
Eine elitäre Truppe gab´s auch, die "Teddies". Band-Leader war Günter Homrighausen aus Buschhütten. Er war der Trompeter der Big Band und präsentierte Glenn-Miller-Sound vom Feinsten. Seinen Super-Saxophonisten, Hans-Otto, traf ich im Zirkus-Krone-Orchester wieder und die tolle Sängerin der Band verkaufte mir später einen Pullover beim "Botze-Benner". Schade um ein riesiges Talent.
Von Discjockeys "vertrieben"
Ende der 60er Jahre wurden die Bands immer mehr von den Disc-Jockeys "vertrieben". Wir waren nicht so teuer und konnten natürlich alles im "Original-Sound" präsentieren. Jetzt begann die Zeit der Discos. Man tanzte nicht mehr in Sälen, sondern in toll eingerichteten Clubs. Auch hier kann ich nur einige erwähnen, aber alphabetisch: Blow Up, Candlelight in Siegen, Club 69 in Erndtebrück, Le Bateau in Siegen, Monbijou in Geisweid, Oldtimer, Scotch-Club und Sound in Siegen, Studio "D" in Eiserfeld, Western-Saloon in Niederschelden. Die "Helden" waren ab 1967 nicht mehr die Gitarristen, Organisten und Drummer, sondern die Disc-Jockeys. Einige sehr gute müssen genannt werden: Karl-Heinz Böhm (D.J. Pinguin), Dieter Böhm (D.J. Tünn), Siggi Stötzel und Hubert Müller.